Montag, 28. September 2015

König Eckbert ist tot und ein riesiger Blutmond tut sich auf!

Aloha ihr Lieben,

vielleicht erinnert ihr euch, Freund und ich haben dieses Jahr ja ein Stück Feld gemietet (und einige Bräuche dazu ausprobiert, wie ich hier gebloggt hatte). Beginnend mit Lammas bzw. dem Schnitterfest um Anfang August bis Halloween/Samhain Ende Oktober ist nun quasi Hochsaision für Erntefeste.
Früher war ich etwas irritiert, dass man so lange/oft die Ernte feiert. Jetzt mit dem Feld seh ich das ein! Im August gab es fast jeden Tag Rüben, Gurken, Bohnen und Kartoffeln zu essen, den ganzen September haben wir wie bekloppt Tomaten, Kohl und Kürbis geerntet und verarbeitet und für Oktober stehen jetzt noch die letzten Kohlköppe, viel zu viel Lauch, immer noch Kürbis und der nächste Schub Bohnen an. Im Prinzip könnte man die Erntefeste auch noch durch ein Rübenfest im November und ein Salatblót von Juni bis Juli erweitern (da wussten wir echt nicht wohin mit dem Zeug und haben sämtliche Freunde damit durchgefüttert).
Zeug vom Feld.
Unser ganzer Stolz auf dem Feld, auf den wir auch oft angesprochen wurden, war König Eckbert, ein leuchtend oranger Kürbis. Irgendwo zwischen den Kartoffeln residierte auch noch Prinzessin Nimue, eher gelblich, die wir leider vorzeitig abernten mussten, weil sie nach einer sehr nassen Woche untenrum matschig wurde. Nimue hat damals zusammen mit ein paar Kartoffeln schon ca. 10 Liter Suppe ergeben und keine drei Wochen später saß schon eine Nimue II zwischen den Kartoffeln, fast genau so groß wieder.
Ein König wurde geopfert!
Beide Kürbispflanzen wurden von uns auch liebevoll regelmäßig mit abartig stinkender Brennesseljauche gedüngt. Während Nimue II derzeit noch versucht, ihren Machtbereich auf das (inzwischen bereits verlassene) Feldstück neben uns auszuweiten, ist König Eckbert am Wochenende abgedankt - die Pflanze hatte wirklich alle erdenkbare Energie in die einzige Frucht gepumpt. König Eckbert klang recht hohl, wenn man an ihm klopfte - eigentlich wollten wir ihn zu Halloween opfern, aber wir bekamen dann aufgrund der Mäuseansiedlung unterhalb der Pflanze doch etwas Panik und so wurde die Axt gezückt und mit einem Schlag der König von seinem Grünzeug getrennt! In der Schubkarre brachten wir ihn begleitet von ganz viel Hofstaat zum Auto - der Kofferraum senkte sich gleich merklich ab, kein Wunder, der König hatte ja auch einen Durchmesser von 45 cm!
Eine Waage haben wir nicht, aber ich bekam ihn ungefähr so weit angehoben wie Mjöllnir, also gar nicht - vermute er wiegt irgendwas über 30 kg.
Zuhause wurde König Eckbert brutal ausgeweidet. Es zog sich etwas hin, aber am Ende hatten wir aus ihm, mehreren Petersiliepflanzen, einem Haufen Karotten und Kartoffeln etwa 21 Liter Suppe (12,5 davon eingeweckt, 3 im Bauch, den Rest im Kühlschrank). Und während Freund und ich so am kochen waren, beschwor unser Lieblingskumpel den Geist von König Eckbert, der von nun an auf dem Balkon residiert und uns ins Fenster grinst - hoffentlich hält er sich lange.
König Eckberts Geist grinst dämonisch
auf dem Balkon herum.
Geopfert haben wir ihn übrigens trotzdem zu einem recht passenden Zeitpunkt, denn es war gerade Erntemond - der Vollmond nach der Herbst-Tagundnachtgleiche. Er erhielt seinen Namen daher, dass früher eben (wie auch jetzt bei uns) zu dieser Zeit der größte Teil der Ernte eingeholt werden musste, bevor es für viele der Pflanzen zu kalt wurde. Manchmal ging es dabei um jede Stunde, so dass auch während des Vollmondlichts gearbeitet wurde (wir haben zwar nicht auf dem Feld geackert, aber ausgehöhlt, geschnippelt und gekocht...). Der Erntemond hat außerdem noch die Besonderheit, dass er über einige Tage lang fast zur gleichen Uhrzeit aufgeht und dabei, wenn er noch niedrig steht, rötlich wirkt. Der Erntemond dieses Jahr ist nochmal besonders speziell: wie ihr bestimmt mitbekommen habt, gab es heute Nacht eine Mondfinsternis, die den Mond rot färbte.
Merkwürdig leuchtender Blutmond.
Zu diesem Blutmond gibt es verschiedene Sagen - generell war es ein schlechtes Omen und kündete von Unheil und Veränderungen. In der germanischen Mythologie verfolgt der Wolf Hati, Sohn des Fenriswolfes, im Himmel den Wagen des Mondgottes Mani. Sein Zwillingsbruder Skalli verfolgt den Wagen der Sonnengöttin Sol. Somit werden beide Himmelskörper über den Himmel gejagt. Am Tag der Ragnarök, des Schicksals der Götter, werden die Wölfe sie erreichen und verschlingen und unsere Welt wird untergehen.
Bei einer Mond- oder Sonnenfinsternis glaubte man, dass einer der Wölfe den Himmelskörper erreicht habe und danach schnappte - entsprechend groß dürfte die Angst gewesen sein, dass der Weltuntergang unmittelbar bevor steht. Tatsächlich sah der Mond heute Nacht irgendwie "angeknabbert" aus, als er sich vom Halbschatten der Erde in den Kernschatten schob. "Im Kernschatten" bedeutet, dass die Erde genau zwischen Mond und Sonne steht. Allerdings ist es dort nicht zappeduster, wie das Wort vermuten lässt, sondern Lichtstrahlen der Sonne "biegen" sich um die Erde und fallen daher dennoch auf den Mond - durch die Biegung als langwellige Strahlung, und daher rot.
Mit etwas Gefummel hab ich davon ein halbwegs brauchbares Foto hinbekommen... 

Donnerstag, 24. September 2015

Island: Erfahrungen und Reisetipps

Aloha,
heute kommt mein vorerst letzter Blogeintrag zum Thema Island...
Es sind die kleinen Anekdoten und lustigen Sachen, die einem zwischendrin auffielen, und am ehesten das, was ich anderen, die nach Island fahren möchten, mit auf den Weg geben würde. Also:
1. Wohnen
Hotels oder gar Ferienhäuser sind in Island unglaublich teuer. Vor allem wenn man in der Hauptsaison, also Juni/Juli fliegt (genau wie wir übrigens - ging leider nicht anders). Günstiger sind Privatunterkünfte über z.B. airbnb. Die Hosts geben einem dort auch tolle Tipps und stehen im allgemeinen hilfreich zur Seite. Wir haben bislang fast nur gute Erfahrungen gemacht. Ausnahme war ein absolutes Loch in Reykjavík - aber es kostete nur 40 € pro Nacht und ausgehend von den Bewertungen wussten wir in etwa, was uns erwartet (bis auf die zerschlagene Fensterscheibe, die war neu...).
 
Aus unserem Fenster gegenüber von Akureyri.
2. Essen und Wasser
Auch Lebensmittel sind sehr teuer. Wenn es geht, sollte man sich Fertiggerichte mitbringen. Wir haben leider im allgemeinen Chaos der Vorbereitung nur Unmengen an Frühstückskeksen, Knabberkram, Brot und Schokoaufstrich eingepackt, aber auch das erwies sich als gute Investition, um uns morgens und über den Tag zu ernähren. Abends haben wir dann in unserer jeweiligen airbnb-Unterkunft gekocht, meist Nudeln mit Tomatensauce, eingekauft bei "Bonus", dem isländischen Aldi (erkennbar am Sparschwein-Logo). Tiefgefrorene Meeresfrüchte in Großmengen sind dort auch vergleichsweise günstig, nur halt eher ungünstig für nen Roadtrip... Nach einer Woche Nudeln haben wir uns dann mal den Luxus gegönnt, in einem subway "Essen zu gehen". Zwei ganze Subs und ein Getränk kamen umgerechnet etwa 20 €. Döner in Reykjavík kostet rund 10 €, ein richtiges Restaurant pro Hauptgericht ab ca. 50 € aufwärts.
Wasser aus dem Hahn kann je nach Region kochendheiß sein oder extrem nach faulen Eiern riechen/schmecken. Beides ist völlig normal - daher Trinkwasser lieber auf Vorrat mitnehmen und beim Duschen die Temperatur sehr vorsichtig antesten!
 
50 km Wellblechpiste - yäy.
3. Mobilität und Straßen
Wer einigermaßen unabhängig etwas vom Land sehen will, sollte ein Auto mieten. Für ein Umfahren auf der fast durchgängig asphaltierten Ringstraße (Straße 1) reicht ein normaler PKW völlig aus - unsere Nuckelpinne packte auch gelegentliche Schotterpisten und Steigungen von 19%, wie sie manchmal bei Abzweigungen von der Ringstraße vorkommen. Diese sind im Uhrzeigersinn ausgehend von der Ringstraße übersichtlich durchnummeriert, häufig haben sie zusätzlich noch einen Namen, der drauf hinweist wo sie hinführen (z.B. Fossvegur = der Weg zum Foss).
Eine Steinschlagversicherung ist zusätzlich sinnvoll, selbst wenn man keine Schotterpisten fährt. Uns hat nämlich schon am 3. Tag in Akureyri ein entgegenkommender Jeep einen Stein in die Scheibe geschleudert, der ihm offenbar irgendwo am Reifen klebte. Außerdem gibt es noch eine Zusatzversicherung gegen zerkratzten Lack durch Sandstürme - hielten wir für übertrieben, bis wir den Sturm am Skeiðarársandur mitbekommen haben, aber glücklicherweise ist nix passiert.

Klar kann man auch einen Jeep mieten, denn auf Hochlandpisten ins Landesinnere darf man mit den normalen PKW nicht (und sollte es auch aus eigenem Interesse nicht tun). Aber schon der Standard-PKW ist ziemlich teuer. Wenn man nur ein oder zwei Trips ins Hochland machen will, lohnt sich eher eine geführte Tour oder ein Linienbus (ja, es gibt Jeep-Linienbusse, die quer durch die Insel fahren!). Wir kennen auch eine Person, die eine komplette Rundreise mit diesen Bussen geplant hat. Auch per Anhalter fahren ist in Island sehr verbreitet - daher sollte man mit einem Mietwagen wenn möglich auch andere Leute mitnehmen.
 
4. Bleib auf den Wegen!
Das gilt für jegliches Verkehrsmittel, Füße eingeschlossen. Islands Landschaften sind alle relativ jung, dementsprechend ist auch der Boden überall noch sehr dünn - wer darauf tritt oder gar fährt, kann den Boden und die Vegetation wieder für Jahrtausende (!) in der Entwicklung zurückwerfen. Entsprechend hoch sind übrigens die Strafen, wenn man mit seinem Jeep nicht auf der Piste bleibt oder ein "nicht betreten"-Schild ignoriert... Touris verstehen das oft nicht und treten auf Gras, Moos oder blanke Steine, um lustige Fotos zu machen.


Zaghafte Vegetation.
Bei Schwefelfeldern ist das auf-den-Wegen-bleiben schon schlicht aus Gründen des Überlebens anzuraten, aber selbst da gibt es Spezialist*innen, die 10 cm vom Rand des Blubberlochs einen Fußabdruck generieren...

5. Isländisch klingt lustig
Normalerweise lern ich gern ein paar Worte in der jeweiligen Landessprache, bevor ich irgendwo hin reise. Isländisch sieht erstmal mit ein bisschen gutem Willen aus wie ein rustikales altes Deutsch (z.B. Inngangur und Útgangur für Eingang und Ausgang). Aber spätestens die Aussprache bricht Ungeübten das Genick bzw. die Zunge. Eyjafjallajökull, der Gletscher über dem bekannten Vulkan, wird z.B. "Äija-fjatlar-jökütl" ausgesprochen. Aber Isländer*innen freuen sich immer sehr, wenn jemand sich an ihrer Sprache versucht, und leisten unermüdlich Hilfestellung beim richtigen Aussprechen. Wenn gar nix klappt, kann man auch einfach Englisch reden - da ausländische Bücher und Filme normalerweise nicht übersetzt werden, weil sich das für grad mal 330.000 Menschen schlicht nicht lohnt, gibt es die in den Geschäften eben auf Englisch, was anscheinend alle sehr gut beherrschen.

Abends, halb elf in Blönduos..
6. Sonne oder nicht Sonne...
Island berührt den Polarkreis - daher ist es dort nicht nur relativ kalt, auch die Sonne macht witzige Sachen. Im Winter kriecht sie am Horizont herum und gibt nur um die 4 Stunden Schummer-Licht pro Tag. Im Sommer dreht sie sich am Himmel praktisch nur im Kreis und geht nicht wirklich unter.
Das wirft den Tagesrhythmus erstmal aus der Bahn... Positiv ist, dass man die ganze Nacht über problemlos fotografieren kann, negativ natürlich, dass bei Sonnenschein keine Polarlichter sichtbar sind...
7. Günstiges, Abzocke und nette Einheimische
Auch zur Freizeitgestaltung im Urlaub kann man in Island ein Vermögen hinblättern. Erfreudlicherweise ist aber die Natur fast immer kostenlos: Solfatarenfelder, Dimmuborgir, Thingvellir, die Wasserfälle und eigentlich alles, was wir gesehen haben, kostete weder Eintritt noch Parkgebühr (was besonders erfreulich ist, wenn man es von Irland schon gewohnt war für jeden Erdhubbel 3 € pro Nase zu bezahlen). Bei vielen der kostenlosen Parkplätze gab es sogar kostenlose Toiletten (außer bei Thingvellir). Trotzdem stehen überall Campingtische und ausführlich und liebevoll gestaltete Infotafeln herum und Holzbohlen mit Geländer bieten sichere Wege.
 
Typisch für Island: Campingtische irgendwo im Nirgendwo...
 
Ansonsten gibt es z.B. folgende Touriangebote (Preise Stand Sommer 2015):
  • Phallusmuseum in Reykjavík (8 €, recht klein, aber wann bekommt man schonmal die Gelegenheit sich neben einem Pottwal-Schniepel zu fotografieren)
  • Tour im Schlauchboot auf dem Gletschersee Jökullsárlón (ca. 35 € für 30 - 45 Minuten)
  • Thermalbad "Blue Lagoon" (50 € - Alternative wenn man bis dahin kommt: "Mývatn Nature Bath", ist etwas kleiner, deutlich weniger überfüllt, hat praktisch das gleiche Wasser und kostet nur die Hälfte)
  • Gletscherwanderungen (ab ca. 60 €)
  • Whalewatching (von Húsavík aus ab ca. 65 €)
  • Reitausflüge (ca. 60 € für 2-3 Stunden)
  • Schnorcheln in der Sifra-Spalte (120 €), wer richtig tauchen möchte zahlt 280 €
  • falls jemand so richtig Schotter loswerden will, gibt es Helikoptertouren über Krater und Gletscher zwischen 300 und 2.200 € pro Person...
Wir haben das Whalewatching mitgemacht und zumindest ein Stück Rücken vom Buckelwal und diverse Delfine gesehen. Die 4 Stunden hätte man auch besser nutzen können, aber ist halt auch Glückssache. Zumindest gab es Kakao und Kekse auf der Rückfahrt und das kleine Holzfischerboot auf dem Ozean war ja für sich auch schon ein Erlebnis (allerdings nix für Leute mit schwachem Magen). Durch das Unterstützen von Whalewatching hilft man übrigens auch, den Walfang zu bekämpfen - denn seit die Touris Geld fürs Beobachten einbringen, steigt das Interesse am Erhalt der Wale.

Menschen in Island sind recht geschäftstüchtig... so hat ein Landwirt, dessen Hof unterhalb des Eyjafjallajökulls liegt, den Vulkanausbruch 2010 genutzt, um Fotos und Videoaufnahmen zu machen. Danach baute er einen Geräteschuppen nahe der Straße in ein "Visitorcenter" um. Herumliegende Asche wurde noch fix eingesammelt und in Gläschen gefüllt, die für 10 € das Stück verkauft werden...
Museen werden anscheinend generell gern gegründet, oft von Privatpersonen, die eine Sammlung von irgendwas haben, beispielsweise besagte Phalli. Heimatmuseen wie das in Skógar sind zwar winzelig klein, haben aber oft sehr kuriose Dinge, lustige Geschichten und liebenswürdige Mitarbeitende. Wir sind absolute Fans solcher Museen! Auch sehr schön war ein Troll- & Elfenmuseum in Stokkseyri, in dem ganze Höhlen inklusive Wasserfällen und riesigem schnarchenden Troll liebevoll selbstgebastelt wurden.

Was man aber mal betonen muss: die Isländer*innen waren eigentlich ausnahmslos nett, freundlich, großzügig und hilfsbereit! Eines Nachts gegen ein Uhr strandeten wir auf einem Campingplatz und schliefen dort im Auto (hierzu angemerkt: sämtlicher Dreck und Müll scheint sich in Island auf die sanitären Einrichtungen von Campingplätzen und auf unsere airbnb-Unterkunft in Reykjavík zu konzentrieren - sofern man diese Orte meidet, kann man also wunderbar gepflegte Städtchen und saubere Natur genießen). Am nächsten Morgen wollten wir weiterfahren und bezahlen, aber im Rezeptionshüttchen war niemand. Aufgrund des starken Sturms versuchten wir auch nicht, die Geldscheine irgendwie an die Tür zu klemmen oder so, sondern schrieben eine Mail mit Bitte um Bankdaten, damit wir das überweisen konnten (war glaube ich irgendwas um die 20 €). Am Abend erhielten wir die Antwort wir bräuchten nicht zahlen, das sei schon ok, man wünsche uns einen schönen Resturlaub und gutes Wetter.
Im Phallusmuseum wollte Freund gern zwei Postkarten kaufen und fragte nach dem Preis. Wir hatten unser Bargeld schon bis auf wenige Kronen ausgegeben und das Restgeld reichte gerade für eine Karte - man schenkte ihm die zweite und wünschte uns noch einen schönen Resturlaub und gutes Wetter.
Am Kerið stand eigentlich ein Hüttchen für Eintritt, da der Krater auf einem Privatgrundstück liegt (200 Kronen, also ca. 1,40 € bzw. soviel wie einmal strullern am Thingvellir oder heiß baden in einem kleinen privaten Hotpot in Húsavík). Als wir kamen und gerade nach unserem Geld griffen, schob der Isländer im Hüttchen sein Kassierfenster zu und winkte uns lächelnd durch...


So... das war es zum Thema Island. Für dieses Mal, zumindest, denn ich möchte unbedingt wieder hin... Es ist ein wunderschönes und sehr abwechslungsreiches Land. Die ganze Reise war ein absoluter Traum, von dem Moment als beim Anflug einzelne Bergspitzen durch die Wolkendecke brachen bis zu dem letzten Stück von Island, das ich sah - den Vatnajökull in einem Meer von Wolken. Dabei hab ich übrigens Valravn mit "Kraka" gehört, was irgendwie perfekt passte.
 
Ein letzter Blick, bevor das Land der Asen, Trolle und Elfen wieder in den Wolken verschwindet...
 ...beim Abflug gegen Mitternacht hatten wir übrigens seit 11 Tagen das erste mal wieder etwas, das halbwegs nach Sonnenuntergang aussah - bedingt durch die südliche Lage des Flughafens und die starke Bewölkung. Allerdings hielt dies nicht lange vor, da wir dem Tag entgegen flogen - die inzwischen doch ziemlich vermisste Nacht kam dann erst wieder am Abend in Deutschland.

Dienstag, 22. September 2015

Island: der düstere und stürmische Süden

Aloha,
einen letzten, sehr eindrucksvollen Streckenabschnitt von Island hab ich noch für euch. Heute gibt es (passend zum aktuellen Wetterwechsel draußen) Eis, Sturm und Dunkelheit!

Im Südosten Islands liegt der riesige Gletscher Vatnajökull (jökull, ausgesprochen "jökytl" bedeutet Gletscher). Er wuchs zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert in der "kleinen Eiszeit" stark an, verlor dann aber wieder ca. 10% seiner Größe. Wie gigantisch er ist bzw. war wird vorstellbar, wenn man sich klar macht dass nur diese 10% schon 300 km³ entsprechen (also ein 1 km breiter und 1 km tiefer Graben von Bremen nach Frankfurt). Das darin gespeicherte Wasser hat den Meeresspiegel auf der Erde um einen Millimeter angehoben.

Der Vatnajökull entwässert sich über viele Gletscherzungen. Eine besonders große davon mündet in den Gletschersee Jökulsárlón (Gletscherflusslagune)... Schaut euch den See in Google Earth an, auch von oben ist er sehr schön!
Riesige weiße und türkise Eisberge treiben auf dem Gletschersee Jökulsárlón herum.
Im Hintergrund die Gletscherzunge.
Der See hat durch ein grade mal 300 m langes Flüsschen Anschluss ans offene Meer. Dadurch entstehen interessante Strömungen, durch die Salzwasser hineinkommt, was ein Zufrieren des Sees verhindert. Die Eisberge treiben schneller als man bei ihrer Größe erwarten würde hin und her.
Bevölkert wird der See von Vögeln, Robben und Touris in Amphibienfahrzeugen, die ein kleines Vermögen dafür blechen, sich ein Stück jahrtausendealtes Eis abklopfen zu lassen.

Als wir da waren gab es leider grade ein ausgesprochenes Mistwetter: Strippenregen und starke Windböen. Die Fotos wurden dementsprechend trübe und matschig. Freund demolierte dann auch noch meinen geliebten Schaf-Regenschirm aus Irland, obwohl ich ihm sagte dass der dieses Wetter nicht überlebt

Nun ja, wir hüpften schnell wieder ins Auto und machten uns auf zu einer Etappe mit reichlich wenig Zivilisation rechts und links der Straße... Bald hörte der Regen auf, aber es wurde sehr stürmisch - und schließlich stand ein Geländewagen quer auf der Straße, alle ankommenden Autos wurden auf das Gelände einer verlassenen Tankstelle gewunken. Die Straße war wegen des Sturms gesperrt. Wie lange kann keiner sagen. Umfahren geht nicht, es sei denn man fährt um die halbe Insel zurück und brettert dann durchs Hochland. Also haben wir halt gewartet, Kekse geknabbert und im Auto geschlafen (das teilweise doch beunruhigend wackelte, obwohl um uns herum noch diverse andere Fahrzeuge standen). Geschlagene 6 Stunden später ging es dann weiter - immer noch recht stürmisch, aber deutlich weniger schlimm als vorher. Etwas weiter vor uns kippte dann doch noch ein Anhänger von der Straße, aber wie isländische Menschen so sind, hielten dann einfach ein paar Autos an, Leute stiegen aus, stellten den Anhänger wieder auf, schoben ihn den Meter Böschung auf die Straße hoch und weiter gings. Zuende war die Fahrt allerdings für ein Campingmobil, das neben der Straße auf der Seite lag. Das Dach lag abgerissen einige Meter weiter. Da wird einem schon komisch zumute - wäre uns das passiert, wären wir ziemlich hinüber und auch noch komplett pleite, denn dafür schließt ja normalerweise niemand eine Extraversicherung ab (wir nahmen bei unserem Mietwagen nur die Zusatzversicherung gegen Steinschlag in der Scheibe - retrospektiv betrachtet absolut sinnvoll, denn am 3. Tag hatten wir schon einen). Manchmal entstehen grade an der Südküste auch Sandstürme, die den Lack vom Auto schrubben.

Uns entgegen kamen noch ein ziemlich stark gepanzertes Amphibienfahrzeug und eine Mischung aus Jeep und Ambulanz. Dann ging es weiter über den rund 50 km breiten, ziemlich schwarzen Skeiðarársandur. Dies ist die kahle, platte Fläche, über die der Gletscher ins Meer entwässert. Spürt man hier ein Erdbeben, so sollte man sich zügig vom Acker bzw. Sander machen - denn dann wurde vermutlich ein Vulkan unter dem Gletscher tätig.
Das kann dazu führen, dass Eis abschmilzt und im schlimmsten Fall ein riesiges Wasserreservoir frei bricht. Ein solcher Gletscherlauf setzt derart viel Wasser frei, dass z.B. 1934 allein einer der diversen Gletscherflüsse innerhalb weniger Minuten 9 km breit wurde und rund 64.000 m³ pro Sekunde führte (der Dettifoss, leistungsstärkster Wasserfall Europas, hat im Sommer etwa 600 m³/s, also knapp ein Prozent davon!). 1996 zerstörte so ein Gletscherlauf auch den dortigen Abschnitt der Rundstraße 1 völlig - ein Rest der verbogenen Stahlbrücke wurde als Denkmal aufgestellt.
Das war mal ein Stück Brücke.
Das lila Kraut ist übrigens Alaska-Lupine, die wächst in Island praktisch überall.
Zu dem kilometerweiten Schwarz des Sanders gesellte sich bald eine dichte, dunkle Wolkenschicht. Im Norden in der Ferne waren auf den Bergen leuchtender Schnee und einzelne Gletscherzungen des Vatnajökull zu erkennen, im Süden lag irgendwo das Meer. Eine ganz merkwürdige, etwas bedrückende Athmosphäre, die ich aber sehr genossen habe. Die Fotos können das kaum anschaulich machen, da diese riesige Weite und Dunkelheit ringsum einfach nicht abgebildet werden kann...
So dunkel...
...nur am Horizont Licht und helle Gletscherzungen.
Viele kleine Gletscherflüsschen durchziehen den Sander.
Die Fahrt über den Sander dauerte recht lange. Seit Tagen war dies auch das "dunkelste", das wir erlebt haben, denn die Sonne geht ja im Sommer in Island nicht unter...

Sonntag, 13. September 2015

Island: Geysire, Hot Pots und dampfende Flüsse

Heute wirds heiß!

Wie versprochen hier ein Beitrag zu isländischen Geysiren und heißen Quellen zum Baden (für heiße Schwefelquellen bitte hier klicken).
 
Ein Geysir im Vorgarten
Heiße Quellen tauchen in etlichen Regionen Islands auf. Besonders gehäuft zum Beispiel in und um die Gemeinde Hveragerði, die ein einziges Hochtemperaturgebiet zu sein scheint. Der Name, im Isländischen Hveragerðisbær, bedeutet laut meiner kurzen Recherche übersetzt irgendwas in die Richtung "Heiße-Quellen-passieren-Stadt", was das ganze ziemlich trifft: in Vorgärten sprudeln kleine Geysire, und wer Pech hat, dem bricht von heut auf morgen unter dem Wohnzimmer einer aus (womöglich noch mit kochendem Schwefelschlamm).
 
Nahe Hveragerði - hinter jedem Hubbel kommt eine Wolke hoch...
Ein größerer Geysir ist der an der Straße 35 auf dem Golden Circle befindliche "Geysir", von welchem alle anderen Geysire ihren Namen erhalten haben. Er ist nur unregelmäßig aktiv, aber wird bereits seit dem 13. Jahrhundert in Quellen erwähnt. Sein Höhenrekord liegt bei 170 m!
Deutlich niedriger, aber immer noch einschüchternd (vor allem wenn man nur wenige Meter daneben steht) ist der nahegelegene Strokkur, der zwischen 25 und 35 Metern erreicht. Er bricht regelmäßig alle paar Minuten aus und ist daher ein sehr beliebtes Touriziel - manchmal kommt er alle 2 Minuten hoch, dann irgendwann allerdings nur noch als kleineres "Blobb", was dann für viele Lacher sorgt (vor allem da sich alle darauf vorbereitet haben, gleich ein super krasses Foto zu schießen). Dann sammelt er sich erstmal eine Weile und dann kommt wieder eine höhere Säule. Rechts seht ihr einen etwas kleineren Ausbruch, die schwarzen Dinger am Fuße des Geysirs sind Menschen.

Besonders schön ist die dicke Wasserblase, die vor dem Ausbruch entsteht und dann zerplatzt. Danach liegt der Wasserspiegel einen Meter tiefer und es läuft erstmal wieder Wasser nach...
Hinten der Strokkur, vorne die Quelle Blesi.

Phasen des Ausbruchs.
Um zu verdeutlichen wie schnell das ganze geht, hier ein Video vom Stokkur:
 
Heißes Wasser für alle!
Erdwärme und heiße Quellen können wunderbar genutzt werden. In der Region um Hveragerði zum Beispiel gibt es sehr viele Treibhäuser für Orangen und andere Südfrüchte, die mit der Wärme das Bodens beheizt werden.
 
Außerdem wird es natürlich zur Warmwasserversorgung genutzt: in fast jeder Unterkunft in der wir waren gab es wirklich extrem (!) heißes Wasser aus der Leitung. Manchmal ist das allerdings etwas eklig, weil je nach Region eben auch Schwefel darin ist und man dann nach dem Duschen nach faulen Eiern riecht... Einzelne Gehöfte haben mitunter recht abenteuerliche Wasserzuleitungen. Irgendwo in einem Tümpel heißen Wassers steht eine windschiefe Pumpe, von der dann teilweise über Kilometer ein rostiges, undichtes Rohr durch die Wildnis führt...

Hier wird heißes Wasser abgezapft.

Im Hintergrund die "Blue Lagoon", vorne ein nicht zugänglicher Bereich.
Überteuerte Tourithermen...
Am wirtschaftlichsten lässt sich heißes Wasser nutzen, indem man eine Umkleide dazu baut, einen Klischeenamen erfindet, eine ausufernde Werbekampagne startet und derart exorbitante Einttrittspreise verlangt, dass Einheimische durch Touris verdrängt werden. So wie die "Blaue Lagune" mit 50 € Eintritt, weil das Wasser so schön blau ist. Trotzdem ist sie heillos überfüllt - Freund wollte hinein, sah dann die im Wasser treibenden Massen und drehte wieder um. Die halb so teure, etwas kleinere Alternative mit ähnlichem Wasser und weniger Menschen ist übrigens das Mývatn Nature Bath, das kann man sich mal geben.
...oder doch lieber "Icelandic style"?
Mit etwas Glück oder ausgiebiger Internetrecherche findet man manchmal abgelegene Hotpots, also kleinere heiße Badequellen die häufig, aber nicht immer ausgebaut sind. Die sind auch fast immer kostenlos, nur manchmal, wenn sie privat unterhalten werden, gibt es eine Spendendose. Rechts seht ihr so einen Hotpot, für den wir zwei Kilometer in ein Tal hineinwanderten und einen ziemlich heftigen Bachlauf  überqueren mussten. Nicht ganz so piekfein, dafür ist man unter sich und in der Natur. Vor der kalten Luft zwischen Umkleide und Wasser wird man übrigens auch in der Blauen Lagune nicht bewahrt...

Kostenlose Alternative.
Auch in den Flüssen und Kolken, die aus den Heißen Quellen entstehen, wird manchmal gebadet. Als Tourist sollte man das nicht auf eigene Faust machen, da in Island die Natur sehr streng geschützt ist - wer an der falschen Stelle übers Gras läuft, riskiert hohe Geldstrafen (und den berechtigten Zorn der Efen und Einheimischen). An einigen Orten wie Reykjadalur (nahe dem oben erwähnten Hveragerði) gibt es aber genehmigte Stellen, an denen dann auch die Einheimischen im Wasser hocken.
Heiße Badewanne in der Natur...
Es klingt erstmal recht unspektakulär, wenn irgendwo steht "heiße Quelle". Ok, es dampft ein bisschen... Aber wenn man bei 11 Grad und Nieselregen die Hand in einen 40°+ heißen Fluss hält, wird es plötzlich doch sehr faszinierend. In Reykjadalur konnte man an vielen Stellen kalte Hände wärmen, indem man sie einfach auf den Boden drückte, teilweise direkt auf dem Wanderweg.

Dienstag, 8. September 2015

Island: Krater-Tour mit Sagen

Moin moin,
heute gibt es einen kurzen Beitrag zu Kratern und dazugehörigen Sagen.

Hverfjall, Heimstatt der Riesentochter Gerda
Am See Mývatn steht ziemlich nördlich des Lavafelds Dimmuborgir der Krater Hverfjall, manchmal auch Hverfell genannt. Er entstand vor ca. 2.500 Jahren, als Magma auf Grundwasser stieß und damit eine riesige Wasserdampfexplosion hervorrief. Mit seinem Durchmesser von einem Kilometer und einer Höhe von ca 450 m ist er jedenfalls ziemlich beeindruckend und weithin sichtbar.
 
Links der Krater Hverfjall, rechts im Vordergrund ein Stück von Dimmuborgir.
Einige vermuten in Hverfjall die Flammenburg Gymirsgard, auf der laut einer Sage die schöne Riesentochter Gerda (oder Gerdr) lebte. Der Gott Freyr sah sie aus der Ferne, verliebte sich sofort (hach war das Leben damals simpel...) und schickte seinen Diener und Freund Skírnir quasi als Wingman, um in seinem Namen um die Riesentochter zu werben. Je nach Quelle klappte das nicht sofort - zunächst versuchte es Skírnir mit Geschenken wie goldenen Äpfeln und Odins Ring Draupnir (der regelmäßig weitere Ringe produzierte - ein hervorragendes Instrument um eine Inflation zu provozieren, damals allerdings Symbol für Reichtum, Überfluss und Fruchtbarkeit. Keine Ahnung, wie er Odin diesen Ring abknöpfen konnte, um eine Riesin für Freyr rumzukriegen!). Da dies alles die gute Gerda nicht beeindruckte, griff Skírnir zu härteren Maßnahmen. Die Drohung sie zu köpfen zeigte noch keine Wirkung, aber die Androhung eines ziemlich miesen Fluches und des Todes ihres Vaters Gymir war wohl überzeugend genug und Gerda heiratete Freyr. Skírnir bekam für seine Überzeugungskunst Freyrs Pferd und ein magisches Schwert. Der einzige, der in den Sagen übrigens Kritik an dieser Art der Brautwerbung äußert und besorgt über den Verlust des Schwertes ist (welches zu Ragnarök sicher hilfreich gewesen wäre), ist Loki...

Gerda gilt als Beschützerin von Heim und Hof und im Speziellen des Gartens. Schaut man sich Hverfjall aber an, so ist dort nicht viel los außer braunem Sand, sowohl von außen als auch von innen. Daher (und angesichts unseres ansonsten schon recht vollgestopften Programms) haben wir uns den Aufstieg bei ihm gespart, denn die eindrucksvolle Größe hat man ja auch von unten gesehen...

Ein weiterer Eingang in die Unterwelt: Víti
Stattdessen haben wir uns, übrigens am gleichen Tag und nicht weit entfernt auf der anderen Seite des Berges Námafjall, den Víti (übersetzt "Strafe" ?!) angesehen. Dieser See liegt im Vulkan Krafla, dem Zentralvulkan des gleichnamigen Vulkangebiets, das größtenteils Wüste ist und in dem unter anderem auch das stinkende Solfatarenfeld Hverir liegt.
 
Der noch teilweise von Schnee umkränzte Vulkankratersee Víti.
Víti soll, wie so viele Orte Islands, ein Zugang in die Hölle sein (vermutlich muss man tauchen?). Das schöne trübtürkise Wasser kommt übrigens aufgrund von speziellen Algen zustande.

Der sagenlose Kerið?
Als dritten Krater besuchten wir den Kerið. Obwohl er mit seiner roten Erde, dem dunkelblauen Wasser und dem vielen Grün wirklich sehr hübsch aussieht, habe ich weder eine Sage zu ihm gefunden noch eine tolle Bedeutung des Namens (Becken - ach was).

Man kann bis zum Wasser hinabsteigen, wenn man keine Knieprobleme hat und der Boden nicht zu aufgeweicht ist. Eigentlich kostet er wohl ein paar Kronen Eintritt, aber der Mensch im Kassenhäuschen schob gerade als wir kamen sein Fensterchen zu und winkte uns durch - na dann. Isländer*innen sind wirklich nette Menschen!

So hübsch und dann nichtmal ne Schatztruhe oder ein von Elfen verzauberter Hirtenjunge drin...
Der Kerið liegt übrigens auf der Touri-Rundstraße "Golden Circle" nahe den sehr beliebeten Geysiren. Um die wird es in meiner nächsten Folge hier im Blog gehen.

Samstag, 5. September 2015

Island: Fosse überall!

Aloha,

während wir letzets Jahr in Irland ja Steine in allen möglichen Formen angesehen haben (in Kreisen oder einzeln aufgestellt, übereinandergelegt, zu einem Castle zusammengesetzt...), war es in Island hauptsächlich Wasser verschiedener Formen und Temperaturen. Gletscherbäche, Eis, Hotpots, der mächtige Ozean unter uns beim Whalewatching, Geysire und Dampfwolken...

Absolut omnipräsent waren allerdings die Wasserfälle (auf Isländisch: Foss). Daher wird auch dieser Blogeintrag etwas lang, aber ich hoffe, die Fotos machen ihn trotzdem spannend für euch.

Wenn man durch etwas bergigere Gegenden fährt, fällt praktisch alle paar hundert Meter ein Foss hinab, der in Deutschland schon das touristische Highlight einer Urlaubsregion hätte sein können - in Island fällt er gar nicht mehr auf. Hier ein paar beispielhafte Fosse, an denen wir vorbeikamen und die ich aus dem Auto fotografiert habe (letzteren übrigens gegen 1 Uhr nachts, es lebe die Mitternachtssonne!):

Diverse Fosse...
Den Öxaráfoss, einen etwas größeren Foss, den wir gleich am ersten Tag in Thingvellir gesehen haben, hab ich ja in einem vergangenen Beitrag schon gezeigt.

Der epische Goðafoss
So richtig geflasht waren wir aber, als wir am ersten "großen" Foss ankamen -  dem Goðafoss, der dann auch direkt mein Lieblingsfoss blieb! Diesen Effekt hatten wir übrigens recht oft in Island. Man sieht auf einmal eine so unglaublich schöne Landschaft, dass man erstmal nur total ungläubig und verdutzt dasteht und das gar nicht so richtig fassen kann...

Goðafoss von der Parkplatzseite aus...
Die Fallhöhe des Goðafoss beträgt zwar nur 12 Meter, dafür fällt er über eine lange, halbkreisförmige Kante in mehreren Teilen. Man kann gut von beiden Seiten des Flusses herangehen.
 
...und nachdem nan den Skjálfandafljót unterhalb des Foss überquert hat.
Weg zum Goðafoss.
Etwas blöd sind allerdings die Unmengen an Mücken. Die sind auch in anderen Regionen mit viel Wasser zemlich penetrant, zum Beispiel bei Mývatn ("Mückenwasser", ja, können wir bestätigen). Zwar stechen diese Mücken nicht, aber sie fliegen einem mit einer derartigen Entschlossenheit genau in Augen, Nase, Ohren und Mund, dass man sich schon ziemlich tief in einen Schal wickeln muss, wenn man nicht permanent um sich schlagen möchte.

Seinen Namen erhielt der Foss durch eine Sage über den Goden Þorgeir. Um das Jahr 1000 beschloss er, zum Christentum zu konvertieren. Nach dem typisch isländischen Ansatz "wenn, dann richtig" schmiss er kurzerhand seine Statuen der alten Götter in den Wasserfall, der daraufhin "Wasserfall der Götter" (Goðafoss) hieß. Wenigstens starben die Statuen ziemlich episch, und noch 1000 Jahre später erinnert man sich deswegen an sie...
Dettifoss und die Schlucht Jökulsárgljúfur
Der Weg zu einem weiteren beeindruckenden Foss war eine ziemliche Geduldsprobe. Freund ist ja ein treudoofer Anhänger von Navis, und der Dettifoss ist eine recht beliebte Touriattraktion. Daher dachten wir uns nix Böses, als wir eben statt dem "Dettifossvegur" den "Hólsfjallavegur" nahmen, den das Navi uns vorschlug. Allerdings gelangten wir auf eine Wellblechschotterpiste, was die Wirbelsäule angenehm durchrüttelte.
 
26 km und rund anderthalb Stunden später (man hofft ja immer es wird gleich besser bis es sich schließlich auch nicht mehr lohnt umzudrehen und zurückzufahren) waren wir laut Navi da - um uns herum aber seit Ewigkeiten nur eine absolute Mondlandschaft (im Hintergrund des Bildes seht ihr übrigens die total unschuldig aussehende Schotterpiste). Hier hat tatsächlich die Nasa Tests und Schulungen für die erste Mondlandung durchgeführt...

Furztrockene Mondlandschaft.
Hier sollte der leistungsstärkste Wasserfall Europas sein?? Wir fanden einen Parkplatz, hinter dem es etwas bergab ging. Und tatsächlich: links sah man den Foss. Und rechts die malerische Schlucht Jökulsárgljúfur inmitten der kilometerweiten Mondlandschaft:
Jökulsárgljúfur - hier ein Haus hinbauen und einfach den ganzen Tag aus dem Fenster schauen...
Der Dettifoss ("Stürzender Wasserfall") verblasste dagegen ein bisschen, aber da dieser Blogeintrag ja um Fosse geht, gibt es trotzdem noch ein Bild. Die Wassermassen des Flusses Jökulsá á Fjöllum, der aus dem riesigen Gletscher Vatnajökull gespeist wird, sind je nach Jahreszeit beträchtlich - sieht man ja auch daran, wie mächtig die breite Schlucht ins Gestein gegraben wurde.

Dettifoss von einem ungünstigen Winkel aus...
Beim Foss stellten wir dann auch fest, dass wir offenbar auf der falschen Seite waren - gegenüber waren Aussichtsplattformen und Fahnenmasten installiert, und von dort aus ist wohl auch der Blickwinkel sinnvoller - sorum sah es nicht unbedingt nach einer 100 Meter langen Fallkante aus... Egal. Von drüben hätten wir die Schlucht nicht so toll sehen können! Danach fuhren wir übrigens noch knapp 30 km weiter Wellblechschotterpiste, bis wir endlich wieder auf die asphaltierte Rundstraße 1 gelangten...
Basaltsäulen am Hengifoss
Der Besuch des Dettifoss war ja (gemeinsam mit Whalewatching und Ásbyrgi) genau an dem Tag, an dem ich kurzzeitig mit Fieber ziemlich ausgeknockt war (anscheinend von der Therme am Mývatn). Am nächsten Tag schonten wir uns also etwas, fuhren an der Küste entlang und machten eine kleine Wanderung zum Hengifoss, der in zwei Stufen durch sehr eindrucksvolle Basaltsäulen fällt. Ganz oben links im Bild seht ihr noch die obere Stufe.
 
Island ist übrigens echt nix für Leute mit kaputten Knien. Die skandinavischen Touris waren aber ziemlich hart drauf! Die latschen im Nieselregen vier Stunden auf rutschigen Lehmwegen über nen nach Schwefel stinkenden Berg, mit einem permanent schreienden Kleinkind vor den Bauch gebunden. Und nennen das "Urlaub".

Zweistufiger Hengifoss.

Klischeefoss Skógafoss.
Skógafoss - der absolute Klischeefoss
Der Skógafoss (Waldwasserfall, aber wohl eher benannt nach dem Fluss Skóga, da weit und breit kein Wald zu sehen ist) sieht ziemlich genau so aus, wie ich mir Wasserfälle in Märchen und Sagen spontan vorstelle. Und auch die Sage zu diesem Foss ist absolut klischeehaft: Der Siedler Þrasi Þórólfsson versteckte dahinter eine Truhe voll Gold. Irgendwann wurde sie von einem Jungen gefunden - aber als er den Griffring in der Hand hatte, verschwand der Rest der Truhe.
 
Neben anderen irgendwie typisch isländischen Dingen wie gestrickten Kondomen oder einer Kuhblase zur Wettervorhersage kann man diesen Ring im Heimatmuseum des nahegelegenen Dorfes Skógar begutachten.
Esoterische Stimmung am Seljalandsfoss
Dieser Foss ist recht beliebt, weil man hinter ihm hindurch gehen kann. Wir haben es versucht, kamen aber nicht weit - die Luftfeuchtigkeit ist derart extrem, dass ich einfach Angst um die Kamera hatte.
 
Viel interessanter fand ich aber auch den etwas verschrobenen Kerl, der im Nieselregen vor dem Foss saß und auf einer total zerrupften und aufgeweichten Holzgitarre schräge Töne produzierte, indem er einzelne Saiten anzupfte und irgendwie einen Verstärker an das Ding angeschlossen hatte. Dabei wiegte er sich hin und her und war anscheinend völlig in seiner "Musik" gefangen (hörte sich übrigens nicht schlecht an - nur eben extrem merkwürdig). Etwas später kamen wir ins Gespräch, als ich ein paar Kronen in das Trinkgeldglas warf. Er heißt Smári (Klee) und ist wohl der am glücklichsten aussehendste Mensch, der mir je begegnet ist...

Merkwürdige Töne im Nieselregen.
Gullfoss, der angeblich schönste...
Der letzte "spziellere" Foss, den wir uns angesehen haben, war der Gullfoss. Er liegt mit anderen beliebten Sehenswürdigkeiten wie Thingvellir oder dem Strokkur-Geysir auf dem "Golden Circle", wieder relativ nah an der Hauptstadt Reykjavik. Er wird oft als der schönste Foss bezeichnet, was jetzt nicht unbedingt unserer Ansicht entspricht (ich bleibe treuer Fan des Goðafoss! Zumindest solange ich den Gullfoss nicht im eingefrorenen Zustand im Winter erleben durfte...). Woher der Name "Goldener Wasserfall" stammt, ist unklar - vielleicht, weil der Gullfoss im Licht der untergehenden Sonne golden leuchtet, vielleicht hat auch irgendjemand irgendwann mal wieder Gold hineingeworfen...
Das ist jetzt auch wirklich der letzte Foss, versprochen!
Um den Gullfoss herum war es leider ebenfalls unglaublich nass, viel weiter als auf dem Bild kam man nicht heran, ohne Spritzwasser auf dem Kameraobjektiv zu haben... Es sieht aber interessant aus, wie der Fluss nach der zweiten Fallstufe, also hinter der Wiese im Vordergrund abrupt die Richtung wechselt und scharf nach links (bzw. auf dem Bild rechts) weiterfließt.

Dass der Gullfoss in dieser Form noch besteht, ist übrigens einer ziemlich hartnäckigen Isländerin namens Sigríður Tómasdóttir zu verdanken. Um 1920 hatte eine englische Gesellschaft den Foss gepachtet und wollte dort ein Kraftwerk errichten. Sigríður war in der Nähe aufgewachsen und wollte das nicht dulden - über Jahre verschrieb sie sich dem Kampf gegen dieses Bauprojekt und fing einen Rechtsstreit an, für den sie regelmäßig tagelang und ohne Rücksicht auf die Jahreszeit durch die isländische Wildnis marschierte, um in der Stadt zum Rechtsanwalt Sveinn Björnsson zu gelangen (der übrigens später Präsident von Island wurde). Gemeinsam schafften sie es schließlich, dass der Pachtvertrag aufgelöst werden konnte und der Gullfoss wieder an den isländischen Staat zurückging. Da in Island die Natur und die darin ebenden Elfen einen sehr hohen Stellenwert haben, steht er auch seit geraumer Zeit unter Naturschutz. An Sigríður erinnert ein Gedenkrelief mit Infotafel gegenüber des Gullfoss.


So, das waren die Fosse... Falls jemand bis hierher durchgehalten hat, freue ich mich!
Um nicht gleich wieder so viel Wasser sehen zu müssen, geht es beim nächsten Beitrag dann mal um Krater. Wobei die auch wieder mit Wasser gefüllt sind... Mist...

Mittwoch, 2. September 2015

Island: Im Tal der Asen + kleine Anekdote zu Sleipnir

Aloha,

heute kommt ein Beitrag zu einem Teil von Island, den ich besonders gern hatte. Nämlich Ásbyrgi, das "Tal der Asen". In einem Souvenirshop in Thingvellir entdeckte ich einem Buch mit Sagen zu verschiedenen Orten Islands. Darin fiel mir dieses Tal sofort ins Auge. Da wir ohnehin in der Nähe vorbei fuhren, musste das unbedingt mit auf den Plan! Ásbyrgi ist eine hufeisenförmige Schlucht mit nahezu senkrechten Felswänden von bis zu 100 m Höhe - googelt mal ein Luftbild, das sieht wirklich faszinierend aus! Als wir von einer Seite in das Tal hinein fuhren, bot sich uns zunächst mal dieses Bild...

Ziemlich epischer Eingang ins Tal.
Entstanden ist diese merkwürdige Formation anscheinend durch mehrere Gletscherläufe, d.h. Flutwellen bei einer schlagartigen Entleerung eines Gletschersees (z.B. wenn darunter ein Vulkan ausbricht). Das könnte man jetzt faszinierend nennen, die Isländer haben aber eine viel schönere Sage zur Entstehung: Odin ritt auf seinem Pferd Sleipnir durch den Himmel, wobei Sleipnir etwas zu nah an die Erde kam. Sein Huf berührte den Boden und hinterließ einen Abdruck - das hufeisenförmige Ásbyrgi!
 
Man konnte ziemlich weit mit dem Auto hineinfahren, was für mich sehr angenehm war, da ich leider genau an diesem Tag Fieber hatte und mich richtig, richtig mies fühlte (zumal ich am Vormittag auch noch 4 Stunden auf einem kleinen alten Fischerboot auf dem Ozean herumgeschleudert wurde zum Whalewatching - immerhin haben wir aber einen Buckelwal gesehen).
Vom Parkplatz aus waren es dann nur noch wenige hundert Meter durch ein niedriges, verzaubert wirkendes Birkenwäldchen. Bäume gibt es in Island relativ selten, da der Boden noch sehr jung und daher nicht dick ist. Vielerorts wird eifrig aufgeforstet, aber natürliche Wälder sind schon etwas besonderes. Durch die Bäume konnte man die Felswände aus Vulkangestein sehen.

Den Sagen zufolge ist Ásbyrgi die Hauptstadt der Elfen, die in den Felswänden leben und dort auch Kathedralen, Konzerthallen und weitere Gebäude besitzen. An der tiefsten Stelle ganz vorn in der Rundung des Hufeisens existiert ein kleiner See, in dem sich Wasservögel wie das Odinshühnchen (kein Witz, die heißen wirklich so!) tummeln. Natürlich gibt es wieder eine Sage zu diesem See...
  
Birkenhain mit Blick auf Elfenbehausungen.
Heute nur noch mit Odinshühnchen
und anderen Vögeln besiedelter Teich.
Ein armer Farmerssohn und die Tochter eines reichen Gehöfts liebten sich, durften aber nicht heiraten. In einem Traum berichtete ein*e Elf*e dem Mädchen dann, dass eine Kreatur, welche in den Felsen lebte, den Jungen in ein Monster verwandelt und in den See gebannt hätte. Nur wenn die Mitternachtssonne die Felsen berührt, konnte er aus dem Wasser auftauchen. Das Mädchen wartete auf ihn und warf ihm dann ihren liebsten Besitz ins Maul - und brach damit den Fluch. Der/die/das Elf/e war darüber so angetan, dass er/sie/es daraufhin veranlasste, dass die beiden doch noch heiraten konnten. Naja, hätte man ja auch einfach mal direkt machen können...
Da mir grade wieder auffällt, dass Mythologie ziemlich hetero- und binärnormativ erscheint, möchte ich die Gelegenheit nutzen und für etwas mehr Diversity eine kleine Anekdote einstreuen, wie Sleipnir, also der dieses Tal erschaffende Hengst, entstand. Die etwas längere Vorgeschichte grob zusammengefasst: Die Asen wollten eine Mauer um ihre Burg Asgard und beauftragten damit einen Riesen. Sie versprachen ihm eine Entlohnung (= die Göttn Freyja, die Sonne und den Mond), wenn er bis zu einem festgelegten Stichtag fertig wird - falls nicht, sollte er leer ausgehen. Wie bei Bauprojekten offenbar damals schon üblich, war der Fertigstellungstermin natürlich viel zu früh angesetzt. Die Asen gedachten, den armen Riesen damit übers Ohr zu hauen und einen Großteil der Mauer umsonst zu bekommen. Der Riese buckelte sich aber Tag und Nacht ab, beförderte mit seinem Riesen-Hengst gigantische Steinblöcke und benötigte schließlich kurz vor Ablauf der Frist nur noch wenige Meter. Da ging den Asen die Düse! Hektisch wurde nach einer Lösung gesucht, und mal wieder war es Loki, der den Karren aus dem Dreck zog, bzw. genauer: den Hengst von der Baustelle weg. Loki verwandelte sich spontan in eine sexy Stute und bezirzte ihn so erfolgreich, dass er ihm drei Tage hinterher lief - und hinter dem Hengst fluchend der Riesenbaumeister. Somit wurde die Mauer nicht fertig, der Riese fühlte sich betrogen (hier beschleunige ich wieder etwas), Thor erschlug ihn, Loki blieb einige Monate verschwunden. Als er schließlich zurück kam brachte er ein Fohlen mit, nämlich Sleipnir - das Ergebnis seiner Ablenkungstaktik.

So, zurück ins von selbigem Pferd in die Landschaft getretene Tal: Elfen haben wir zwar nicht gesehen, aber in den Felswänden kann man schon alles mögliche erkennen, wenn man lang genug drauf schaut. Leider konnte ich die Schönheit von diesem Tal nicht wirklich aufs Foto einfangen, da mir in an dem Tag einfach die Kraft fehlte (und man die Geräusche, die sanfte Brise, die Sonne die durch die Blätter funkelt und die frische Luft auch einfach nicht so schön abbilden kann...). Trotzdem war ich sehr froh, dass wir diesen Abstecher gemacht haben!

PS: Die Asin Idun hatte ein Einsehen und nach einem Apfel und eindringlicher Bitte ging es mir am nächsten Tag wieder super, so dass wir sogar eine kurze Wanderung zum Wasserfall Hengifoss gemacht haben! Über Wasserfälle werde ich übrigens das nächste mal berichten...