Samstag, 2. Mai 2015

Landnahme :)

Moin moin,

Freund und ich mieten dieses Jahr ein kleines Ackerstück auf einem Gemeinschaftsfeld. Wirklich selbstversorgen, wie ich es ganz spannend fände, können wir uns mit den 35 m² natürlich noch nicht, aber für ein Gemüsebeet ist das ja schon ganz ordentlich.

Das Stück ist ca. 2 m breit und knapp 18 m lang. Eine ganze Menge Pflanzen wie die Kartoffel auf dem Bild stehen schon da, es ist aber noch Platz für eigenes.

Der Acker bzw. die Landnahme desselben ist natürlich ein wunderbarer Anlass, um auf die Suche nach alten Bräuchen zu gehen! Nach kurzer Recherche sind wir also gestern mit einigen Utensilien das erste Mal zu unserem Feld marschiert.

Bei der Landnahme ansich wurde früher das Landstück mit einer Fackel abgelaufen oder, wenn es etwas kleiner war, mit einem brennenden Pfeil überschossen. Nun möchte ich meine wenigen Pfeile nicht verbrennen und wir wollten ja auch nicht direkt am ersten Tag aus dem Gemeinschaftsfeld fliegen, weil wir eine Schubkarre in Brand gesteckt haben, daher musste ersatzweise eine kleine IKEA-Laterne herhalten.
Unser Ackerstück mit Kartoffel und "Maibaum".
Außerdem wurde traditionell eine Hand voll Erde des alten Feldes mitgenommen und auf das neue geworfen. Dazu haben wir einfach ein Schraubglas voll Erde vom Balkon mitgenommen, auf dem ich bislang ja alles angebaut habe, also entspricht der wohl am ehesten unserem "alten Feld". Fürs nächste Jahr werde ich etwas Erde dieses Ackerstücks aufheben, da wir dann vermutlich eine andere Parzelle zugeteilt bekommen (wo jetzt noch Klee wächst, um den Boden aufs nächste Jahr vorzubereiten).

Ansonsten hier einige weitere Bräuche und wie wir sie umsetzen möchten. Vielleicht hat ja jemand von euch auch etwas Anbaufläche oder adaptiert etwas davon für die Bewirtschaftung von Blumenkästen...

Auskippen von Blut, Milch und sonstigen Flüssigkeiten, Vergraben von roten Eiern, Brot usw.
Dies hat vermutlich den symbolischen Hintergrund, dass Leben in den Acker gegeben werden soll, um später eine gute Ernte zu erhalten. Freund entstammt ja einer schlesischen Bauernfamilie und kennt noch das Ausgießen von Milch, das sich tatsächlich bis in den tiefsten Katholizismus hinein hartnäckig hält.
Ich bin generell nicht der Fan von vermeidbaren Lebensmittelabfallopfern aus gekauften (und womöglich noch weiterverarbeiteten oder tierischen) Produkten. Auch beim besten Bioapfel entstehen Umweltbelastungen durch die Herstellung. Rein profan betrachtet tut man mit solchen Opfern der Natur nichts gutes, sondern schadet (wenn auch nur minimal). Tut man zwar jeden Tag, aber dann können ja wenigstens die symbolischen Segens- und Dankeshandlungen anders sein. Was ich in den letzten Jahren erfolgreich auf dem Balkon praktiziert habe, ist die Herstellung einer Brennnesseljauche, ein Bombenzeug zur natürlichen Schädlingsbekämpfung und um Tomaten zu düngen, regional selbst produziert mit lediglich etwas Strom, um heißes Wasser zu machen. Ich denke, das werd ich für die Kürbisse auf dem Feld auch machen, und dann das Kürbisdüngen eben etwas rituell verpacken.

Felder nicht betreten am Mittwoch (Wodanstag) und in den Rauhnächten
Die Regel wurde wohl aufgestellt, weil man an diesen Tagen damit rechnen musste, dass Odin über das Feld reitet. Wer Odin kennt, weiß, dass es in den seltensten Fällen angenehme Folgen hat, ihm zu begegnen. Der feldfreie Mittwoch ist soweit in unseren Zeitplan integrierbar, zu den Rauhnächten haben wir das Feld eh nicht mehr.

Samen über die Schulter ausspucken
Was hier Sinn und Zweck sein sollte, konnte ich leider nicht herausfinden. Aber ein paar Sachen wollten wir ja noch dazu aussäen, meinetwegen eben gespuckt...

Maibaum
Der Maibaum ist ja generell ein Symbol für einen Pe... für Fruchtbarkeit und wird in einigen Gegenden wohl auch an den Rand von Feldern gestellt, um Negatives abzuhalten. Daher habe ich einen Mini-Maibaum gebastelt und an unser Feldstück gepiekst (siehe Bild), ist ja auch eine Markierung, wo unser Bereich beginnt, d.h. schützt somit mindestens vor dem negativen Einfluss, dass sich jemand versehentlich im Abschnitt irrt und unsere Radieschenreihe plündert.
Traditionell tanzt man um den Maibaum und verflechtet dabei die Bänder, indem jeder eines hält. Unserer ist noch nicht verflochten, vielleicht mach ich das, wenn wir die noch freien Stellen mit Samen bespucken.
 
Die ersten drei Erdbeeren Freyja opfern
Oft werden Erdbeeren (und Gänseblümchen) der Göttin Freyja zugeordnet. Da sie eine meiner Fultrui ist, leg ich gern Erdbeeren auf den Schrein. Unsere Erdbeeren befinden sich zwar nach wie vor auf dem Balkon und nicht auf dem Acker, sind aber schon am blühen.

Strohpuppen aus Korn verbrennen
Das symbolisiert vermutlich die schwächer werdende Sonne im Jahreskreis bzw. das Opfer des Korngottes, um sein Volk zu ernähren. Das steht dann also im Spätsommer oder Herbst an und dazu bräuchte man erstmal Korn, aber speziell zu diesem Zweck kann man ja eine kleine Fläche mit Kornsaat anlegen. Zu symbolischen Zwecken hatte ich das eh vor, und Freund meinte dass er Getreide schön findet und daher sowieso welches aussäen wollte.

Die letzte Korngarbe stehen lassen
Hierzu gibt es verschiedene Überlieferungen: die letzte Garbe (d.h. das letzte Büschel Ähren) dient wahlweise Odin bzw. seinem Pferd Sleipnir als Proviant für ihre Jagd oder als Rückzugsort für den Korngeist. Dieser fährt dann dort hinein, um den Winter zu überstehen, so dass im nächsten Jahr wieder neues Korn gesäät werden kann. Daher hatte der Brauch wohl einige Bedeutung... In manchen Überlieferungen wird die Person, die eine solche letzte Garbe ummäht, vom Schnitter geholt.
Auf unserem Acker wird das etwas schwieriger. Da die letzte Woche in der das Gemeinschaftsfeld zugänglich ist eine "Abräumwoche" sein soll, in der zur Vermeidung von vergeudeter Ernte eben alle auf allen Parzellen sammeln können, kann ich nur entsprechend für mich selbst etwas stehen lassen, was danach aber ohnehin weg kommt. Ich mag die Variante mit dem Rückzugsort des Korngeistes sehr gern, darum überlege ich, ob ich einfach mein letztes Stück Ernte auch ein paar Ähren sein lasse, davon eben eine Garbe stehen lasse und die quasi vorletzte Garbe dann hinterm Haus im Garten, in meinem Kessel oder irgendwo anders deponiere (dann muss er also kurz umziehen). Gefällt mir aber besser als wenn ich nur was stehen lasse und das dann 2 Tage später eh umgemäht wird...


...gestern jedenfalls haben wir nach unserer Landnahme erstmal ein Stündchen lang Disteln, Gräser und anderes Gewucher entfernt. Auf unserer einen Seite haben wir eine chinesische Familie, die ziemlich lustig und verplant ist, auf der anderen wohl Leute, der echt Ahnung haben, denn dort sah der Acker schon perfekt bewirtschaftet und gehackt aus. Das war ganz praktisch, weil wir uns daran orientieren konnten, wo welche Saatreihe liegt und was dazwischen jeweils rausgezupft werden kann