Montag, 25. August 2014

Das Thorsberger Moor in Süderbrarup

Aloha,

als ich neulich für den Blogeintrag zur Bonifatiusroute so in meinen alten Fotos herumkramte, fand ich auch welche wieder, die ich vor ziemlich genau 11 Jahren mal vom Thorsberger Moor bei Süderbrarup gemacht habe. Dieses Moor war eine sehr bedeutende germanische Kultstätte und existierte dafür erstaunlich unauffällig in der Landschaft herum (Nachtrag 2018: ein paar mehr Schilder wurden aufgestellt). Ich bin damals durch das "Kultplatzbuch" von Gisela Graichen drauf gekommen, und da wir ohnehin jedes Jahr in einem benachbarten Dorf Urlaub machten, lag es ja nahe, dass ich meine Eltern damals einfach mal so lange nervte, bis sie sich breitschlagen ließen . Analog übrigens beim Haithabu-Museum, darüber muss ich auch mal bloggen...

Das Thorsberger Moor, das heute eher ein See mit Insel ist.

Zur Geschichte des Moors:
In Thorsberg wurden schon um 150 v.u.Z. viele Gefäße aus Ton und Holz mit Nahrung, Fellen etc. darin geopfert, indem man sie ins Moor warf. Nun musste die opfernde Person bequemerweise nicht am Ufer im Schlamm stehen und den Pott so weit wie möglich werfen, sondern nutzte wohl einen damals existierenden Holzsteg, an dessen Ende noch ein kleiner Flechtschirm stand, der offenbar als Sichtschutz diente (mir drängt sich da grade die Vorstellung auf, dass dieser Steg mit Schirm vielleicht gar nichts mit dem Opfer zu tun hatte, sondern als Festival-Dixi bei den Opferfesten diente, aber die Archäolog*innen werden für ihre Theorie schon irgendwelche Anhaltspunkte haben...).

Nach ungefähr 350 Jahren wurden die Gefäße weniger, dafür wurden zunehmend Schmuckstücke und metallische Gebrauchsgegenstände wie Gewandnadeln geopfert. Ab dem Jahr 200 wurden außerdem viele Goldringe ins Moor geworfen. Sie alle wurden vorher zerschlagen. Dies war bei germanischen Opferungen weit verbreitet, wohl, damit symbolisiert und/oder sichergestellt wird, dass tatsächlich niemand mehr diese Gegenstände verwenden wird. Waffen und militärische Ausrüstung wurden im Thorsberger Moor eher selten geopfert: für das 2., 3. und 4. Jahrhundert wurde jeweils eine einzelne, dafür aber sehr große Opferung entdeckt. Dabei handelt es sich vermutlich um den Besitz besiegter Heere, den man - als Dank für den Sieg - den eigenen Gottheiten übergab. Wie auch bei den anderen Opfergaben wurden die Gegenstände vorher unbrauchbar gemacht, d.h. die Schwerter verbogen, die Schilde zerschlagen usw. Interessanterweise konserviert das Moor Materialien wie Holz und Leder sowie metallische Beschläge, während sich Klingen und andere Teile aus Eisen zersetzten.

Später nahm die Menge der metallischen Opfergegenstände wieder ab, dafür finden sich neue Gegenstände wie Kleidung, Tierknochen und Werkzeuge. Die letzten Funde werden um etwa das Jahr 400 datiert.

Das Thorsmoor heute:
Eigentlich ist das Moor relativ klein, man kann auf einem Rundweg von etwas mehr als 600 m bequem drum herum laufen. Vom früheren Opferkult sieht man nichts mehr, außer ein aar Infotafeln - aber es ist eine sehr schöne und ruhige Gegend, merklich ein paar Grad kühler als sonst. Gruselgeschichten sind hier fehl am Platz - die diversen Moorleichen, die im Schleswiger Museum liegen, wurden nicht hier geopfert, sondern stammen aus anderen Mooren in Schleswig Holstein und Dänemark.

Und gratis dazu: Grabhügel Kummerhy
Direkt in der Nähe vom Moor steht auch noch der Grabhügel Kummerhy. Er entstand, als um 650 - 500 v.u.Z. eine Steinkiste mit verbrannten Überresten einer verstorbenen Person beigesetzt wurde. Ein kleiner Steinkreis wurde darum gebaut und der Hügel darauf aufgeschüttet. Ein sogenannter Wächterstein mit Schälchen (kleinen Eintiefungen) gehörte dazu. Wozu diese Schälchen dienten ist ungewiss, einige Theorien sagen, dass darin Opferungen dargebracht wurden, nach anderen könnten sie Sternbilder darstellen oder einfach Verzierungen sein.
Im 9. oder 10. Jahrhundert wurde dann einfach eine weitere Person unverbrannt dazubestattet, ein größerer Steinkreis drum herum gebaut und ebenfalls aufgeschüttet, so dass der Hügel größer wurde.

Der Kreis wurde wieder freigelegt und mit einem Infoschild versehen, aber sieht auf dem Bild mystischer aus als in natura... Ich musste schon sehr herumhüpfen, um einen Blickwinkel für das Foto zu finden, bei dem keine Parkbank, Fahnenstange oder Hauswand zu sehen ist, denn der Hügel steht direkt neben einer Landstraße auf einem 20 m breiten Streifen zwischen Bahngleisen und einer Wohnsiedlung.

Bronzezeitlicher Steinkreis vom Grabhügel Kummerhy.

Quelle (neben den Infoschildern vor Ort) und Literaturtipp: Rudolf Simek - Götter und Kulte der Germanen

Donnerstag, 21. August 2014

Das angekaute Brot bzw. Fettnäpfchen in katholischen Autos

Aloha,

manch heidnische Person hat ja Kummer, weil unwissende Gäste die Essensgabe an den Hausgeist für ein Schälchen Knabberzeugs zum wegknuspern halten, ein speziell ausgelegtes Muster aus Kieseln auf der Terrasse achtlos zur Seite gekehrt wird usw. Inzwischen haben aber auch Personen mit einer Mainstream-Religion wie dem Katholizismus infolge schrumpfender Mitgliederzahlen ähnliche Probleme:
 
Vor einigen Jahren, als Freund & ich bei seinen Eltern zu Besuch waren, hatten wir mal deren Auto geliehen, um einen Ausflug zu machen. Auf irgendeinem Parkplatz kramte ich dann im Fach in der Beifahrertür nach der Wanderkarte, dabei fiel mir ein altes, in Taschentuch eingewickeltes Stück Brot auf. Da ich ja ein recht ordentlicher Mensch bin, nuschel ich nebenbei "Ach, hier liegt n Stück altes Brot, das schmeiß ich grad mal weg..." Es folgt ein panischer Aufschrei von Freund mit der hastigen Erklärung, dass das kein Brot sei, sondern eine Hostie oder irgendwas in der Art, jedenfalls von einem Priester geweiht und in den Augen seiner Eltern offenbar für die Sicherheit aller im Auto befindlichen Lebewesen wichtiger als Gurt und Airbag zusammen.

Memo an heidnische Mitfahrende in katholischen Autos:
Niemals herumliegende Essensreste ungefragt wegwerfen. Am besten direkt ingorieren.

Freund fährt übrigens in seinem Auto inzwischen auch ein Stück Brot durch die Gegend. Nicht für seine Sicherheit, sondern für die seiner Mutter, die andernfalls wohl einen Nervenzusammenbruch bekommen würde.

Dienstag, 19. August 2014

Die angeblich so schöne Bonifatiusroute...

Hallo ihr lieben!

(Kurze Vorbemerkung: leider wurden die gehosteten Bilder inzwischen gelöscht und ich hab wohl bis auf eins auch alle entrümpelt... Es tut mir leid. Da der Bericht aber eigentlich ganz lustig ist, lasse ich ihn drin.)


Ab und zu wandere ich gern alleine und weit. Hier ein kleiner Rückblick auf das erste Stück der Bonifatiuspilgerroute von Mainz bis Kriftel, das ich im Juni 2013 gelaufen bin... Um es vorweg zu nehmen: den Rest lauf ich nimmer.

Der Bischof Bonifatius, nach dem die Route benannt wurde, hat im 8. Jahrhundert in Fritzlar einen Baum gefällt (bzw. ließ ihn fällen) und gilt deswegen als der Apostel Deutschlands. Nunja, es war die Thor/Donar geweihte Donareiche, und mit der Fällung wurde Fritzlar der Ausgangspunkt der Christianisierung des heutigen Nord- und Mitteldeutschlands. Fritzlar ist aber dennoch eine sehr niedliche Stadt. Als sein Gott den Bonifatius dann jedenfalls irgendwann zu sich holte, marschierte man mit seinem Leichnam etwas über 170 km von Mainz nach Fulda. Die Bonifatiusroute wurde 2004 angelegt und beschreibt (grob) diesen Leichenzug.

Nachdem der kurze St. Jost Pilgerweg ja eine sehr schöne Erfahrung war (heidenchaos berichtete), hielt ich Pilgerrouten für eine gute Idee, längere und gut ausgeschilderte Routen zu finden. Nach wem die nun benannt wurden, ist mir relativ wurst, daher fiel meine persönliche Diskrepanz mit Herrn Bonifatius bezüglich Vandalismus an der Fritzlar'schen Vegetation bei der Entscheidung nicht so ins Gewicht. Die Route wird als "eine der schönsten Pilgerrouten Deutschlands" angepriesen und der Rhein-Main-Verkehrsbund gab dazu eine kostenlose und sehr ausführliche Karte heraus. Also Rucksack geschnappt und nix wie los! 

Um 9:20 komme ich am Mainzer Dom an, um den herum gerade ein Volksfest aufgebaut wird. Ich glaube, eine Statue des baumfällenden Heiligen hinter einem Waffelstand zu erspähen, habe aber keine Lust über Verkabelungen und Anhängerkupplungen zu klettern, sondern laufe einfach mal in die Richtung los, die meine Karte angibt. Eine halbe Stunde und 2 km später habe ich schon den Rhein überquert und blicke auf Mainz zurück. Endlich wird es etwas ruhiger, zwischen ein paar morgendlichen Angelnden entdecke ich auch endlich das erste Wegzeichen.
Nochmal 2 km später komme ich an die Stelle, wo der Main in den Rhein fließt. Das realisiere ich allerdings nicht so ganz, da ich eine total schöne kleine grüne Feder am Ufer finde und die erstmal meine gesamte Aufmerksamkeit beansprucht... Ein paar Hundert Meter weiter werde ich durch richtig üblen Gestank wieder zurück in die Realität gerissen. Da hat man die Pilgerroute tatsächlich direkt an einer Papierfabrik vorbeigeführt, die fast einen Kilometer lang wirklich ganz, ganz übelerregend ekelhaft stinkt. Ums noch schöner zu machen, ist "eine der schönsten Pilgerrouten Deutschlands" rechts und links mit Betonmauern zugebaut.

Nach 7 km und um 11:15 komme ich in Hochheim an, hier beginnen Weinberge und die Stadt sieht auch sehr hübsch aus.



 
Leider hält sich die Ausschilderung des Weges in Grenzen, so dass ich versehentlich nen Kilometer zu weit latsche. Aber wenigstens ist der Geruch endlich weg und die Wanderung durch die Weinberge wird nun doch recht schön, nach ein paar km aber doch etwas eintönig. Bei Streckenkilometer 12 bemerke ich außerdem schon, dass mir die Knie wehtun - kein Wunder, da man hier hauptsächlich auf Asphalt pilgert, was auf Dauer echt unangenehm ist!

Um 13:30 nach ungefähr 14,5 km entdecke ich bei Wicker hinter einer Kriegergedächtniskapelle ein kleines Steinlabyrinth. Eine kleine Kiste bietet laminierte Sprüche an, über die man meditieren kann, während man das Labyrinth abläuft. Motiviert vom Spruch "Wer für Umwege keine Zeit hat, irrt leicht am Ziel vorbei, ohne es zu erkennen." beschließe ich also, einen Abstecher durch das Labyrinth zu machen und denke über etwas nach, was mich den Tag über besonders beschäftigt hat. 15 Minuten und eine Minierleuchtung später mach ich mich wieder auf den Weg.

Das nächste Duft-Highlight auf der Strecke ist eine schwefelige Heilwasserquelle im treffend bezeichneten Örtchen Faulborn - das Wasser sieht klar aus, stinkt aber bestialisch und schmeckt nach Rührei  (man muss hierzu wissen, dass das Jynkx irgendwie Geruch und Geschmack von gebratenen Eiern gar nicht ab kann davon und tatsächich Übelkeit bekommt). Tragischerweise erfrische ich meine Füße kurz darin und trage den Geruch noch eine Stunde später (!!) mit mir herum. Dafür fängt es an zu regnen und der Weg endet bei Kilometer 20,5 vor der Einfahrt einer... ja ich weiß gar nicht, einer riesigen Grube, in der lautstark offenbar Kies abgebaut wird oder so. Definitiv heute nicht mein Pilgertag...

Nach einigem Herumirren finde ich schließlich einen Weg um diese Grube herum und sogar ein kleiner Aussichtsturm über ein Naturschutzgebiet, in dem ich mich kurz unterstellen kann und doch noch ein bissel schöne Natur sehen kann. Danach folgen rund 6 km relativ trostloser Strecke über Asphaltwege, bis ich endlich nach 27 km insgesamt und um 17 Uhr in Kriftel am Bahnhof ankomme. Eigentlich wollte ich noch ein Stück weiter nach Eschborn, aber dank dem harten Untergrund machen meine Knie echt nicht mehr mit und ich entscheide, nach Hause zu fahren.

Mein Gesamteindruck:
Insgesamt war die Bonifatiusroute auf der ersten Etappe bis auf wenige Ausnahmen landschaftlich entweder relativ langweilig oder eine Zumutung. Der Asphalt führte dazu, dass ich trotz guter Sandalen schnell ermüdete Knie hatte (ok, die sind nicht die besten, aber ich hab Vergleiche zu deutlich längeren Strecken).

Ich weiß nicht, was die ~140 km von Kriftel nach Fulda noch rausreißen sollen, um die Bezeichnung "eine der schönsten..." für die Bonifationsroute zu verdienen, aber ich werd es sicherlich nicht ausprobieren - da gibt es im Taunus, Odenwald oder am Rhein echt schönere Ecken.